+ Wiedereinstieg
+ Gastbeitrag Dr. Jörg Zeuner + Mittelstand schützen + Wege aus dem Shutdown + Auftakt Fachforum Neue Arbeit und Neue Qualifikation + Umfrage-Ergebnisse +
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
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nach Wochen des Kontaktverbots und disziplinierter Akzeptanz erheblicher Einschränkungen des täglichen Lebens sind wir mit dem gestrigen Beschluss der Kanzlerin und Ministerpräsident*innen in einer neuen Phase angelangt. Die Schutzschirm-Bazooka wirkt als Kriseninstrument. Nach dem bis hierher erfolgreichen Zusammenwirken von Regierung und Opposition wird es nun sinnvoll und notwendig, die Auseinandersetzung um den besten Weg, die besten Maßnahmen für die kommende Phase des Wiedereinstiegs in das Wirtschaften zu suchen.
Das wird eine Wirtschaft sein müssen, die aus der aktuellen Krise lernt: diversifiziert – auch in der eigenen Region – nachhaltig, solide finanziert. Die verschiedenen Ausführungen interdisziplinärer Forschungsteams geben einen Eindruck, wie ein tragfähiger Wiedereinstieg und ein Maßnahmenpaket aussehen kann und nach welchen Kriterien es zukunftsgewandt diskutiert werden kann: Es wird nicht klappen, zur Prä-Corona-Wirtschaft zurück zu kehren. Investitionen in den Umbau der Wirtschaft, in eine höhere Resilienz, Erkenntnisse zur Neuorganisation von Arbeit werden unsere Arbeitswelt verändern. Innovationsbereitschaft in allen Unternehmen und Branchen ist das Gebot der Stunde, wir brauchen das Engagement der Startups ebenso wie das der Gesellschaft zugewandter Konzernmanager. Eines steht dabei fest: Es sind die mittelständischen und Familienunternehmen, die dabei die größte Last tragen – und zugleich die wichtigsten Weichensteller für den künftigen wirtschaftlichen Wohlstand werden. Hier müssen umfassende Lösungen gefunden werden.
Wir wünschen Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, eine spannende Lektüre. Bleiben Sie gesund!
Ihre
Gabriele C. Klug
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Was ein nachhaltiges Finanzsystem nach Corona leisten muss
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Gastbeitrag von Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt bei Union Investment
Die Corona-Krise hat uns fest im Griff. Wir alle passen unseren Alltag an, viele haben große Sorgen und einige müssen mit dem Verlust von Angehörigen und Freunden umgehen. Die Politik ist im Krisenmodus. Aber viele Kapitalmarktteilnehmer skizzieren schon jetzt Szenarien für die Welt der nächsten fünf Jahre, um entscheidungsfähig zu sein. Eine Frage, die sich dabei stellt:
Was ist ein nachhaltiges Finanzsystem nach der Corona-Krise?
Zur Zeit wird drastisch klar, wie wichtig die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand ist, z.B. Intensivkapazitäten und medizinisches Personal für Ausnahmesituationen oder Kapazitäten zur Sicherung der Daseinsvorsorge.
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"Ein verträgliches Klima ist auch ein öffentliches Gut und bleibt erstrebenswert. Vielleicht führt die Corona-Krise zu mehr Bereitschaft zur Bekämpfung des Klimawandels. Das wäre ein Chance für die Politik und das Finanzsystem, denn Finanzierung würde in großem Stil benötigt."
Dr. Jörg Zeuner ist seit Juni 2019 Chefvolkswirt und leitet den Bereich Research & Investment Strategy des Portfoliomanagements von Union Investment.
Zuvor war Dr. Zeuner Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe.
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Etwas anderes steht schon fest:
Geschäftsmodelle vieler Unternehmen werden überprüft und in Teilen geändert werden
, weil die meisten von uns Lehren aus den Erfahrungen der Krise ziehen werden. Haushalte werden weniger reisen und anders einkaufen, Arbeitnehmer werden öfter zuhause arbeiten, und Unternehmen werden die Schwachstellen in ihrer Beschaffung und Produktion beseitigen wollen. Vieles davon kann unsere Wirtschaft nachhaltiger machen.
Allerdings werden vielen Unternehmen die finanziellen Mittel für einen nachhaltigen Umbau fehlen. Derzeit werden Schulden gemacht, um zahlungsfähig zu bleiben. Je weniger dieser Verbindlichkeiten Staaten und Staatengemeinschaften am Ende übernehmen und wachstumsverträglich abbauen können, je weniger Geld wird für neue Investitionen zur Verfügung stehen. Das wäre eine verpasste Chance.
Für die Entwicklung eines nachhaltigen Finanzsystems sind aber nicht alle Voraussetzungen schlecht. Staaten werden nach der Krise weiter in die Wirtschaft investieren. Die Sparquote der privaten Haushalte wird eher noch steigen, um Rücklagen wieder aufzufüllen. Die Kapitalmärkte und Banken werden also zur Finanzierung des wirtschaftlichen Auf- und Umbaus weiter Kapital zur Verfügung stellen können. Mit diesen Mitteln könnten in den nächsten Jahren innovative, nachhaltige Wege gegangen werden.
Wir werden auch viel in öffentliche Infrastruktur investieren müssen, z.B. in digitale Bildung und Verwaltung. Das ist durchaus mit den Zielen und Ansprüchen nachhaltigen Wirtschaftens vereinbar. Man könnte die Kapitalmärkte an diesen Investitionen beteiligen.
Schließlich werden wir auch
in Innovation investieren
müssen. Das wird kontroverse Frage aufwerfen, am Ende aber der
Einstieg in ein zukunftsfähiges Wachstumsmodell
sein. Ein zukunftsfähiges nachhaltiges Finanzsystem muss auch das leisten, um den Strukturwandel mit steigenden Einkommen zu vereinbaren.
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Das "Rückgrat" stabilisieren - Mittelstand schützen
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Dass das erste wirtschaftliche Maßnahmenpaket des "Corona-Kabinetts" eine
"Förderlücke" für den Mittelstand
aufwies, wurde schnell offensichtlich. Letzte Woche wurde nachjustiert, jedoch nicht ausreichend. Denn klar ist: Die Kreditbelastung der Unternehmen jetzt in der Krise darf die
Liquidität
und Solvenz in der vor uns liegenden
Aufbauphase
nicht verhindern. Ergänzende Maßnahmen zur Verbesserung von Liquidität und des Umgangs mit höherer Schuldenquote sind daher dringend erforderlich. Das muss offen diskutiert werden – auch welche
steuerrechtlichen Maßnahmen
, womöglich befristet, Entlastung für die Unternehmen schaffen können.
Natürlich muss es Kriterien geben, welche finanziellen Ausgangsbedingungen dazu vorliegen müssen: Jahresabschlüsse, Bilanzen vor der Coronakrise müssen auf eine wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Geschäftsmodell und Geschäftsstrategie hinweisen. Es ist eine schnelle Klarheit vonnöten, um Unternehmen und Unternehmer*innen
Planungssicherheit
zu geben.
In guten Zeiten wurde der deutsche Mittelstand oft und gerne als Erfolgsmodell zitiert – maßgeblich verantwortlich für das Wohlergehen des ganzen Landes. In der Krise muss dieses Rückgrat unserer Wirtschaft umso mehr geschützt werden.
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"Nach dem Überleben der Krise muss der Wiederaufbau des Geschäfts finanziert werden, bei dem erst die Kosten anfallen, bevor Umsätze, Erträge und Liquidität nachfolgen – dem müssen die Hilfsprogramme bereits jetzt Rechnung tragen und den Unternehmen so die Möglichkeit geben, trotz der aktuellen Ungewissheit längerfristig zu planen."
Dr. Sandra von Möller
Geschäftsführerin
BÄRO GmbH & Co. KG
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"Empfehlungen für eine flexible, risikoadaptierte Strategie"
Spätestens diese Woche sind die Diskussionen zur „Exit-Strategie“ in vollem Gange. Besonders die Empfehlungen, die die Nationalakademie Leopoldina in ihrer
dritten Ad-hoc-Stellungnahme
ausspricht, finden von Bundesregierung und Medien großflächige Beachtung. Es gibt jedoch auch andere interdisziplinäre Positionspapiere, die diesen Empfehlungen teilweise widersprechen – wie die
Stellungnahme der Helmholtz-Initiative
– und teilweise um wertvolle Aspekte ergänzen.
In „
Die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie tragfähig gestalten
“, einem Papier, an dem 14 Wissenschaftler aus den Bereichen Medizin, Ökonomie, Verfassungsrecht, Psychologie und Ethik mitgewirkt haben, finden sich beispielsweise konkrete Vorschläge, wie die graduelle Lockerung von „Regionalen Taskforces“ koordiniert werden könnte und welche Faktoren bei der sektoralen und regionalen Differenzierung berücksichtigt werden müssen. Außerdem betonen die Experten, wie wichtig eine frühzeitige und transparente Kommunikation seitens der Politik ist. Angesichts der ernsthaften Bedrohung, die diese Krise für das sozioökonomische Fundament unserer Gesellschaft darstellt, sei es besonders wichtig, ein „Wir“-Gefühl zu stärken und an gemeinsame Werte zu appellieren – innerhalb und zwischen Nationen.
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"Leider fehlen noch klare und transparente Strukturen und Prozesse, um die vielfältigen medizinischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Risiken zu erheben, zusammenzuführen und abzuwägen. Task Forces könnten hier eine wertvolle Hilfe sein, auch für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit."
Prof. Dr. Christiane Woopen
Ceres (Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health), Universität zu Köln
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Es wird spannend, das Zusammenwirken der verschiedenen nationalen und regionalen Empfehlungen zu bewerten. Genügend Stoff für eine interessante Diskussion, meinen wir.
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Auftakt Fachforum Neue Arbeit und Neue Qualifikation
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Transformation des Arbeitsmarktes – Weiterbildungspolitik ist gefordert
Die erste Sitzung des Fachforums am 3. April fand virtuell statt – bei diesem Thema fast schon eine organische Gegebenheit. Die
Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitsplätze
stellte nämlich natürlich eines der Schwerpunkte der Diskussion dar.
In seiner einleitenden Präsentation ging
Prof. Dr. Enzo Weber
auf mehrere Entwicklungen ein, die sich durch die digitale Transformation ergeben. Zunächst die Entwarnung: Die Substitutionseffekte am Arbeitsmarkt federn den Verlust von Arbeitsplätzen nahezu ab.
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Gleichzeitig stellt die Digitalisierung jedoch ganz
neue Anforderungen an die (Weiter-) Bildungspolitik
, denn die neu entstehenden Arbeitsplätze verlangen oftmals ein höhere Abstraktionsfähigkeit. Außerdem werden soziale Kompetenzen, Flexibilität und Kreativität einen neuen Stellenwert erhalten.
Entsprechend herrschte Einigkeit darüber, dass weiterreichende Strukturen im Weiterbildungssystem aufgebaut werden müssen. Wirtschaft und Politik müssen hierbei eng zusammenarbeiten.
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Foto: Stefan Kaminski
"Wenn wir von neuen Arbeitsplätzen sprechen, ist es wichtig, sich nicht nur auf die Folgen der Digitalisierung zu fokussieren. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung werden insbesondere auch soziale Dienstleistungen eine stärkere Nachfrage erfahren. Ebenso werden natürlich Arbeitsplätze durch den ökologischen Umbau entstehen. Bei all diesen Veränderungen wird Weiterbildung ein zentraler Schlüssel für die neuen Qualifikationen sein – die Teilnahme muss entsprechend rechtlich und sozial abgesichert sein."
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, MdB
Sprecher für Arbeitsmarktpolitik und Europäische Sozialpolitik
der Grünen Bundestagsfraktion
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Selbstverständlich wurden ebenfalls die
Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt
diskutiert. So wurde die Frage gestellt, ob die aktuelle Arbeitsmarktstruktur geeignet ist, um die Rückkehr von der Pandemiewirtschaft in den Normalmodus zu begleiten.
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"Um aus der Krise zu kommen, brauchen wir eine substantielle Förderung über einen Rettungsschirm für Neueinstellungen. Und um durch den strukturellen Wandel zu kommen, brauchen wir eine breit angelegte proaktive Weiterbildungspolitik."
Prof. Dr. Enzo Weber
Lehrstuhl Empirische Wirtschaftsforschung, Universität Regensburg
Leiter des Forschungsbereichs “Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen”, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
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"Die Corona-Pandemie beeinflusst natürlich auch die Diskussion zur Transformation des Arbeitsmarktes: So haben Kernthemen wie Digitalisierung und mobiles Arbeiten in den letzten Wochen einen enormen Schub bekommen. Das Fachforum will einen Beitrag zu dieser Diskussion leisten, indem wir wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Perspektiven zu diesen Themen bündeln."
Carlotta Köster-Brons
Leiterin des Hauptstadtbüros
,
National CSR-Coordinator
Randstad Deutschland GmbH & Co. KG
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Das Fachforum will die verschiedenen Themen im nächsten Schritt weiter ausarbeiten und jeweils Positionspapiere dazu erstellen.
Falls auch Sie Interesse haben, sich im Fachforum zu engagieren, kontaktieren Sie uns unter
info@g-wd.de
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Ergebnisse unserer Umfrage zum Thema Corona-Maßnahmen
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Wie angekündigt wollen wir Ihnen hier die ersten Ergebnisse unserer Umfrage präsentieren:
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Maßnahmenpaket der Bundesregierung: Die einzelnen Instrumente wurden insgesamt als mittelmäßig ausreichend bewertet, ebenso die persönliche Erfahrung mit der Beantragung und Bewilligung.
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"Insgesamt schnell, aber nicht nachhaltig!"
"Zu bürokratisch, zu viele Pseudopläne, Bank verlangt 100% Haftung, weil sie gegenüber der KfW zwar eine Haftungsfreistellung hat, aber angeblich im Falle eines Scheiterns des Unernehmens und im Nachhinein nicht validen Zahlen doch mithaftet. Zumindest erzählen es die Banken so."
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97
% der Teilnehmenden stimmen zu, dass der Staat ein Konjunkturpaket vorbereiten sollte, welches die Wirtschaft nach Beendigung des Shutdowns stimuliert. Strategische Schwerpunkte ein solchen Konjunkturpakets sollten vor allem Nachhaltigkeit sein, sowie Innovation und Infrastruktur (siehe Grafik).
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Was die Dauer des "Shutdowns" angeht, sind viele der Teilnehmenden mit der Linie der Regierung einverstanden, die Lockerung der Maßnahmen von der Verdopplungsrate der Neu-Infektionen abhängig zu machen. Noch mehr stimmten jedoch für eine Lockerung spätestens ab dem 20. April (39%) oder gar früher (siehe Grafik).
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Der stufenweise Abbau des Shutdowns erfordere aber auch unterstützende Maßnahmen, wie beispielsweise:
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"Kommunikationsplan für Abrüstung der Sprache über Gefahren und Folgen für alle Bevölkerungsgruppen. Viel transparente und spezifischere Informationen."
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72
% wären bereit, die Corona-App zu nutzen.
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Fazit:
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"Die Krise muss zum Weckruf werden, die Wirtschaft insgesamt solidarischer und nachhaltiger aufzustellen. Strategien in Richtung dieses Ziels müssen gesucht werden."
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Die finale Auswertung der Umfrage finden Sie in Kürze auf unserer Homepage.
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Schlussredaktion: Anna Cebotareva
Grüner Wirtschaftsdialog e.V.
Friedrichstr. 55a
10117 BERLIN
Deutschland
+493020219404
info@g-wd.de
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Vorsitzender: Dr. Thomas Gambke
Geschäftsführerin: Gabriele C. Klug
Steuernummer: 17/434/07756
Bankverbindung: GLS Bank Bochum IBAN DE86 43060967 1233304800
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