© Jens Jeske
Disruptionen durch Digitalisierung muss die Politik durch ambitionierte und vorausschauende Regulatorik lenken, damit die Wirtschaft langfristige Investitionen tätigen kann und wettbewerbsfähig bleibt
Auftakt der GWD-Gesprächsreihe „Green Tea Time Talks“ –
Podiumsdiskussion zwischen Grüner Politik und Wirtschaft zu Themen der Wirtschaftspolitik
Die Anforderungen der Digitalisierung an moderne Wettbewerbspolitik
Der Grüne Wirtschaftsdialog lud zu einem Gespräch zum Thema Wettbewerbspolitik: Katharina Dröge, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag und Prof. Dr. Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) und ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission traten in einen Dialog mit geladenen Wirtschaftsvertreter:innen unter anderem aus Industrie, Bankensektor, Handel und Telekommunikation.
Kernaspekt der Diskussion: Die gesteigerte Verantwortung für Politik und Verwaltung, vorausschauende Regulatorik zu verabschieden. Unternehmen wollen in einem sich ständig ändernden Marktumfeld Sicherheit für ihre Investitionen. So können Potenziale digitaler Geschäftsmodelle entfaltet werden, die wichtig für deutsche und europäische Wettbewerbsfähigkeit sind. Ein weiteres Thema war die Nutzung und Teilung von Daten zur Daseinsvorsorge.
Unternehmen stehen heute bei aufkommenden Wettbewerbs- und Datenschutzfragen vor einem Dilemma. Entweder sie warten, bis spezifische Regulatorik verabschiedet wird, die zukünftige Fragestellungen ‚ex-ante‘ regelt. Dabei sind Politik und Verwaltung jedoch oftmals in langen und schwerfälligen Prozessen der Kompromissfindung verhangen, die eine schnelle Verabschiedung von Regulatorik verhindern. Oder sie ergreifen die Initiative, bevor die Rahmenbedingungen klar sind. Dann tun sie dies mit dem Risiko, ‚ex-post‘ gegen später definierte Grenzen zu verstoßen – was zu langwierigen und kostspieligen Gerichtsprozessen führen kann.
Beides hemmt notwendige Veränderungsprozesse in der Industrie mit dem Ergebnis, international im Wettbewerb zurück zu fallen und Geschäftsmöglichkeiten nicht nutzen zu können.
Die Lösung ist eine schnellere Entscheidungsfindung und ordnungspolitische Rahmenbedingungen, die den Unternehmen Orientierung für veränderte Geschäftsprozesse geben.
Ein weiteres bedeutendes Thema ist die Nutzung von neuen Technologien und Daten zur Daseinsvorsorge. Es ist offensichtlich, dass eine Nutzung von Big Data große Potenziale birgt für die bessere Planung von Infrastruktur, Verkehr oder Gesundheit. Genauso klar ist jedoch, dass die verantwortungsvolle Nutzung die Erfüllung wichtiger Prämissen voraussetzt: Wie kann Anonymisierung gewährleistet werden? Wer zahlt für Datenaufbereitung? Welche Daten dürfen für profitorientierte Geschäftsmodelle verwendet werden? Inwieweit können Bürger:innen mündig über ihre Daten verfügen?
Diese und weitere Fragen müssen von der Politik klar beantwortet werden, damit Deutschland und Europa eine Chance haben, sich in der digitalen Weltwirtschaft erfolgreich zu positionieren – zwischen einem Amerika des Turbokapitalismus und der „Winner-Takes-it-All“-Mentalität und einem China mit zensurfreudigem Staatskapitalismus ohne Rücksicht auf Datenschutz oder Privatsphäre.