Das Thema Industriepolitik kam letztes Jahr erstmals im Februar in den Fokus, als Wirtschaftsminister Altmaier mit seinem Thesenpapier eine kontroverse Diskussion auslöste. Im Herbst gewann es mit dem Bericht der Wirtschaftsweisen erneut an Aufmerksamkeit. Beim Strategiegespräch in Stuttgart lud der Grüne Wirtschaftsdialog ein, gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Mitglied des Sachverständigenrats Prof. Lars P. Feld das Themenfeld zu beleuchten.

Am 04.12.2019 in Stuttgart

Ergebnisse

„Die Grünen regieren derzeit in zehn Ländern mit und verantworten zahlreiche wirtschaftsrelevante Ressorts, teilweise auch das Wirtschaftsressort selbst, wie in Hessen. Ein regelmäßiger Austausch mit der Wirtschaft gehört zur Normalität – auch mit Gesprächsrunden wie den „Strategiegesprächen Grüner Wirtschaftsdialog“ – eine gute Entwicklung, die ich sehr unterstütze.“

Winfried Kretschmann

Kernaussagen

Industriepolitik ist Forschungs- und Innovationspolitik – Invention zu Innovation: Die Ausgründungskultur an Universitäten muss gefördert werden. Auch müssen mehr Lehrstühle geschaffen werden. (Diese könnten von Land und Unternehmen kofinanziert werden.)
Ein staatlicher Wagnisfond ist nicht notwendig. Es gibt genug ungenutztes Kapital auf dem Markt.
Wir brauchen weniger Bürokratie, Planungsverfahren müssen beschleunigt werden. Auch Weiterbildungsprogramme für Beamte können dazu beitragen, das Tempo in Behörden zu erhöhen.
Wir brauchen längerfristig gültige Rahmenbedingungen, um Innovationen wirksam und mit dem notwendigen Aufwand und dann langfristig wirksamen ROI entwickeln und am Markt platzieren zu können.

Klimaziele

  • Wir brauchen nicht nur einen Masterplan für den Ausstieg (Kohle), sondern auch einen Masterplan für den Einstieg in die Erneuerbaren. Auch die Energiespeicherung ist ein zentraler Faktor.
  • CO2-Preis muss so angehoben werden, damit innovative Geschäftsmodelle entstehen.
  • Technologieoffen ja, aber Technologieoffenheit darf kein Argument sein, um nichts zu machen.
  • Wir brauchen einen parteiübergreifenden Klimakonsens. Die Klimapolitik darf sich nicht nach jeder Bundestagswahl verändern.
  • CO2-Verbrauch lässt sich mit vorhandener Technologie gut reduzieren, Problem ist allerdings der hohe Energieverbrauch. Wir brauchen Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen.
  • Eine frühe Bürgerbeteiligung verhindert Klagen bei Infrastrukturprojekten.

Internationaler Kontext

  • Schwache Produktivitätsentwicklung ist ein internationales Phänomen. Mögliche Ursachen sind u.a. das Produktivitätsparadoxon der Digitalisierung und geringere Unternehmensdynamik allgemein.
  • China läuft uns momentan bei der E-Mobilität, bei den Erneuerbaren und der KI in einigen Sektoren der industriellen Nutzung den Rang ab.
  • Nächster Schritt in Klimapolitik ist europäisch und international einheitlicher CO2-Preis.

Digitalisierung

  • Wir brauchen ein umfassendes KI-Ökosystem. Gaia-X ja, aber dann muss gesetzlich vorgeschrieben werden, dass auch KMU bei der Cloud mitmachen können.