Interview

Stefan Unterlandstättner, Vorstandsvorsitzender, DKB

Herr Unterlandstättner, der GWD setzt sich dafür ein, dass der Wiederaufbau nach Corona mit „doppelter Rendite“ im Sinn durchgeführt wird: Also die Instrumente einer schnellen Wiederbelebung der Wirtschaft mit den Zielen Nachhaltigkeit und ökologische Transformation verbinden. Sehen Sie hier Möglichkeiten in der Finanzbranche?

Die Corona-Krise zeigt eindeutig, wie dringend notwendig es ist, die Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften und die Art und Weise, wie unsere Volkswirtschaften funktionieren, zu stärken. Letztes Jahr hat die EU-Kommission berechnet, dass Investitionen in Höhe von 260 Milliarden Euro pro Jahr notwendig sind, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen. Hier sind Unternehmen und der Staat gleichermaßen gefordert. 

Aus ökonomischer und ethischer Perspektive ist also auch die Bankenbranche gefragt, sich an Lösungen zu beteiligen, die eine nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft beschleunigen können. Schließlich kann der Staat die Investitionen nicht alleine stemmen, sondern benötigt auch Hilfe von privaten Geldgebern wie den Banken. Als DKB sehen wir uns bereits auf einem guten Weg – schließlich sind wir der größte Finanzierer von Erneuerbaren Energien in Deutschland. Mit den richtigen politischen Weichenstellungen können Banken also zu Nachhaltigkeits-Katalysatoren werden und die Wirtschaft stabilisieren. 

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Politik für eine gefüllte Projektpipeline sorgen muss, denn ohne diese sind selbst den ambitioniertesten Banken die Hände gebunden. Gerade beim Ausbau der Erneuerbaren Energien muss man leider sehen, dass über die Jahre die Rahmenbedingungen immer schwieriger wurden. Hier muss politisch nachgesteuert werden. 

Welche Hindernisse müssen hierfür überwunden werden – in Ihrem eigenen Unternehmen, auf nationaler Branchenebene, auf europäischer Ebene? 

Zunächst ist die Corona-Krise natürlich auch für die DKB eine große Herausforderung. Obwohl wir seit Jahren unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit geben, auch von Zuhause zu arbeiten, ist es eine neue Situation, wenn praktisch alle dies gleichzeitig tun. Doch alle Kolleginnen und Kollegen leisten wirklich großartige Arbeit und helfen betroffenen Kunden durch die schwere Krise zu kommen. Um alle Kreditanträge innerhalb kürzester Zeit zu bearbeiten spielen digitale Prozesse eine tragende Rolle. Hier profitieren die Kunden bereits von unserem digitalen Geschäftsmodell. Doch die aktuelle Situation zeigt auch, dass wir unseren bereits eingeschlagenen Weg zur TechBank konsequent weiterverfolgen müssen, um unseren Kunden immer schnellstmöglich die beste Lösung bieten zu können.

Auf nationaler Ebene ist es besonders wichtig, dass die Hemmnisse in der Projektpipeline für nachhaltige Projekte endlich beseitigt werden. Denn es liegt nicht nur am fehlenden Geld, dass der Ausbau von bezahlbarem Wohnraum oder von sauberer Energie stockt. Oftmals liegt es an langwierigen Planungsverfahren oder unterbesetzten Behörden.

Nach der Krise wird die Zeit für Erneuerung und Perspektivwechsel kommen. Dieser Einschnitt muss also der Impuls für die europäischen und nationalen Institutionen sein, zukünftig bei allen politischen Entscheidungen die Weichen so zu stellen, dass mehr nachhaltige Projekte möglich werden.

Welche Entscheidungen seitens der Politik sind dazu in Ihren Augen am dringendsten gefragt?

Die Politik muss sich überlegen, wie die begrenzten Ressourcen des Staates ausgegeben werden sollten. Macht eine erneute „Abwrackprämie“ Sinn oder wären Investitionen in nachhaltige kommunale Infrastruktur, das Gesundheitssystem, bezahlbaren Wohnraum und saubere Energie nicht die besseren Investitionsziele? 
Eine „doppelte Rendite“ sollte daher verfolgt werden. Denn jeder vom Staat ausgegebene Euro sollte sich an Nachhaltigkeitskriterien wie den Sustainable Development Goals der UN orientieren. So kann jeder investierte Euro nicht nur die Wirtschaft stabilisieren, sondern auch einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Gesellschaft in der Zukunft leisten. Wenn dies geschieht, können insbesondere Banken dabei helfen, die notwendigen Mittel zu mobilisieren.
Dazu muss der europäische Green Deal konsequent weiterverfolgt werden und nicht der Krise zum Opfer fallen. Das Thema Sustainable Finance muss auch vorangetrieben werden. Wir müssen die Datenverfügbarkeit zu Nachhaltigkeitsrisiken verbessern und mit einer angemessenen CO2-Bepreisung eine signifikante Lenkungswirkung erreichen. Um dem Klimawandel zu begegnen sind also regulatorische Veränderungen notwendig – denn auch hier gilt, dass #Flattenthecurve der einzig gangbare Weg ist.