Gastbeitrag

Claudia Müller, MdB

Claudia Müller ist Mittelstandsbeauftragte und Sprecherin für maritime Wirtschaft der  Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Selbstständige in der Corona-Pandemie nicht vergessen!

Die Situation von Selbständigen war vor der Pandemie sehr unterschiedlich: Neben einem breiten Fächer an erfolgreichen und langjährigen Selbstständigen und Freiberufler:innen existierten auch viele Geringverdienende. Durch Corona stehen im Gegensatz zu vielen Arbeitnehmer:innen Selbstständige heute deutlich schlechter da. Das zeigen z.B. Untersuchungen des DIW und der KfW. So beklagten laut DIW im Sommer 2020 rund 60 Prozent der Selbstständigen Einkommensverluste, während es bei den abhängig Beschäftigten etwa 15 Prozent waren. Inzwischen hat sich die Situation weiter verschärft, Reserven wurden aufgebraucht. Je nach Branche stehen inzwischen auch viele ehemals gut verdienende Selbstständige vor einer prekären Situation. Hauptsächlich hat die Bundesregierung das durch ihre wechselnden und unzureichenden Corona-Hilfen zu verantworten. Sie fördert Betriebskosten und Lebenshaltungskosten völlig unterschiedlich. Durch den Verweis auf Hartz4 für die Lebenshaltungskosten haben vor allem Selbstständige in Partnerschaft oder mit Familie ein Problem, weil Partnereinkommen angerechnet werden. Das gesamte Verfahren ist sehr lebensfremd und zeugt von einem fehlenden Verständnis für selbständiges unternehmerisches Arbeiten. Insbesondere sind auch nochmal vermehrt Frauen benachteiligt: Sie arbeiten häufiger im Bildungs-, Sozial-, Gesundheits- und Kulturbereich, wo direkte Kontakte wichtig sind. Dies sind aber besonders betroffenen Branchen in der Coronapandemie. Hier gilt es dringend nachzubessern und endlich mit den Corona-Hilfen einen Unternehmerlohn zu fördern. Auch Selbstständige im Nebenerwerb sollten endlich Förderungen erhalten können. Längerfristig gilt es auch den Zugang zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige und Freiberufler:innen deutlich attraktiver und einfacher zu gestalten. So muss u.a. die Erhöhung der Beiträge für Selbstständige von 2010 unter schwarz-gelber Regierung rückgängig gemacht werden.

In den Innenstädten ist die schwierige Situation der Selbstständigen und Kleinstunternehmer:innen überall wahrzunehmen: Viel zu oft ist unsicher, ob Geschäfte wieder aufmachen werden können. Hier gilt es neben wirksamen Corona-Hilfen weitere Maßnahmen für die Vielfalt zu ergreifen. Dazu gehört die stärkere Verzahnung von Digitalisierung und Einkauf vor Ort, pauschale Mehrwertsteuersenkungen bestimmt nicht. Aber auch eine gerechte Risikoteilung bei den Gewerbemieten zwischen Mietern und Vermietern hätte in der Krise viel helfen können.