Wie wir vom Reden zum Handeln kommen.
Der Grüne Wirtschaftsdialog hat diese Woche 2 Fachgespräche organisiert: ‚Flüssige und Gasförmige Energieträger‘ im Rahmen des Fachforums ‚Emissionsarme Energieträger‘ sowie ein Brainstorming Meeting ‚Digitalisierung‘. Die Fachleute waren sich in der Sache und vor allem bei den Zielen schnell einig. Bei der Energiewende muss mit dem Paradigmenwechsel der Markt vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Weg mit den komplizierten Regulierungen und Kostenbelastungen beim Strom und parallel mehr Anstrengungen beim Thema e-fuels und Wasserstoffherstellung.
Erste wichtige Forderung der Unternehmen: handeln, nicht (nur) reden! Auch kleine Schritte gehen, aber das Ziel konkret beschreiben, damit
der Weg zur Zielerreichung immer wieder korrigiert werden kann. Denn die technologische und auch gesellschaftliche Entwicklung – zum Beispiel das Mobilitätsverhalten der Menschen – kann kaum vorhergesehen werden. Große Unterstützung findet dabei das Konzept des Grünen Wirtschaftsdialogs, fach- und branchenübergreifende Projekte zu definieren – denn als eine wesentliche Hemmschwelle für die Umsetzung wird das ausgeprägte und konkurrierende Ressortdenken der Fachabteilungen in Ministerien und nachgeordneten Ämtern und Organisationen ausgemacht. Das gilt besonders für die Digitalisierung: Eine Beauftragte für Digitalisierung ohne nennenswertes Budget und vor allem Entscheidungsbefugnis ist ein Feigenblatt – aber keine Triebfeder für Innovationen und Investitionen.
Zweite wichtige Forderungen: verbindliche Rahmenbedingungen festlegen, nur so können Entscheidungen zu längerfristigen Investitionen getroffen werden. Und diese benötigen als Basis zwingend ein transparentes und vor allem anerkanntes Berichtswesen. Denn nur dann können Investoren die notwendige Risikoanalyse für die Anlageklasse ‚sustainable Investment‘ machen. Das war die klare Botschaft der Banker und Fondsmanager beim Fachgespräch ‚impact investment‘ des Grünen Wirtschaftsdialogs im Mai. Einer der Diskussionsteilnehmer bemerkte es mit entwaffnender Klarheit: „Mein Vorstand ist nach wie vor gezwungen, allein nach kurzfristiger Rentabilität zu entscheiden, auch wenn Nachhaltigkeitsziele und damit langfristige Rentabilität nicht erreicht werden können. Erst wenn diese als harter Bewertungsmaßstab eingezogen werden, werden wir die notwendigen Gelder für die Energiewende erhalten.“
Ihr
Dr. Thomas Gambke
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Bericht vom Fachforum Emissionsarme Energieträger am 24.6. in Berlin
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Energiewende braucht konkrete Konzepte, die auch konkret umgesetzt werden.
Der Grüne Wirtschaftsdialog hatte diese Woche Fachleute aus allen Kohlenstoffintensiven Sektoren eingeladen. Ziel des Gespräches war es, einen Überblick zu erhalten über die gesamten notwendigen Umbaumaßnahmen im Zuge der Dekarbonisierung. Die Wahrnehmung ist, dass in der Öffentlichkeit nur Teilaspekte diskutiert werden, wie z.B. die Frage, ob Wasserstoff oder Batterien geeignetere Energieträger für SUVs oder Linienbusse sind. Dabei müssen alle Verkehrsträger und vor allem die energieintensive Industrien in die Überlegungen einbezogen werden. Synergien durch Sektorkopplung und Recyclingstrategien und sich veränderndes Mobilitätsverhalten sowie mögliche Technologiesprünge müssen aufgezeigt werden – um damit die Volatilität der Prognosen transparent zu machen und genügend Flexibilität in den Lösungspfaden vorzusehen.
Zunächst war unumstritten: Der Ausbau der Stromproduktion aus Wind und Sonne als die Hauptquellen für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ist unabdingbar – die Beschränkungen des Ausbaus für Solar- und Windenergie müssen dringend beseitigt werden. Aber es muss auch viel konsequenter eine Strategie für den Ausbau von sogenannten chemischen Energieträgern – also Wasserstoff und e-fuels, oft als Power-to-X bezeichnet – umgesetzt werden.
Dabei könnten manche Rahmenbedingungen unmittelbar verändert werden: es ist ein Skandal, dass Energieproduktion in der Höhe von knapp einer halben Milliarden Euro p.a. (Redispatch für abgeschaltete Einheiten) einfach vernichtet wird. Es bedarf ‚nur‘ einer Änderung der Rahmenbedingungen, um diese Strommenge z.B. für die Produktion von E-fuels zu nutzen. Wasserstoff und E-fuels sind unabdingbar, um in einer dekarbonisierten Energiewelt eine sichere und den Anforderungen gerechte Energieversorgung zu sichern. Auch hier waren sich alle Fachleute einig. Natürlich ist es richtig, überall dort, wo direkte Stromversorgung über Leitungen oder Batteriespeicher einsetzbar ist, keine e-fuels einzusetzen – das verbieten allein die Umwandlungsverluste bei der Herstellung von Power-to-X. Aber für eine signifikante Anzahl von Anwendungsfällen werden als Energiespeicher flüssige und gasförmige Energiespeicher unabdingbar sein. Der Grund liegt zum einen der viel höheren Energiedichte chemischer Speicher – dies steht bei Anwendungen von Lastentransporten und beim Schiffs- und Flugverkehr im Vordergrund. Zum anderen kann die sogenannten Dunkelflaute, also längerer Zeiträume, in denen weder Wind- noch Sonnenenergie zur Verfügung nur mit chemischen Energieträgern als Speicher überbrückt werden. Und nicht zuletzt werden für eine Reihe von industriellen Prozessen wie für die Stahlherstellung flüssige und gasförmige Energieträger gebraucht.
Um dies zu ermöglichen muss es aber ein Paradigmenwechsel in der Energieproduktion bzw. dem Energiemarkt umgesetzt werden. Der mit Wind und Sonne mögliche Strompreis von 3 bis 4 Cent muss die Basis der Energieversorgung sein. Diese Energiequellen dienen als Basis für die Produktion der notwendigen, aber mit erheblichen Investitionen verbundenen gasförmigen und flüssige Energieträgen. Die gute Nachricht: bestehende Infrastrukturen des Energietransportes und der Energiespeicher insbesondere das vorhandene Gasnetz können ohne wesentliche Investitionen genutzt werden. Um aber vor allem die erheblichen Investitionen für die Herstellung von gasförmigen und flüssigen Energien vornehmen zu können, sind stabile Rahmenbedingungen Voraussetzung – nur dann ergibt sich eine nur langfristig zu erzielende Rentabilität. Aber auch hier gibt es sogenannte low-hanging fruits: Wenn die Rentabilität zum Beispiel im Schienenverkehr auf 20 oder sogar auf die durchschnittliche Einsatzdauer von Schienenfahrzeugen von 30 Jahren gerechnet wird, dann würden die bisher fahrenden Dieselzüge auf nicht elektrifizierten Strecken allein aus Kostengründen durch elektrische Antriebe ersetzt werden.
Und eine wichtige Botschaft ergibt sich vor allem auch für die Regionen, die mit dem Kohleausstieg zunächst Arbeitsplätze verlieren: Die mit diesem Umbau der Energiewende notwendigen Investitionen in neuen Anlagen werden einen positiven Beschäftigungseffekt haben. Aber dazu muss man nicht nur reden, sondern auch handeln. Und genau diese Konsequenz wurde von den Teilnehmern des Fachgespräches immer wieder angemahnt.
Den Beitrag verfasste Dr. Thomas Gambke. Kontaktaufnahme unter:
redaktion@g-wd.de
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Emissionsarme Energieträger – Meinungen aus der Wirtschaft
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Ferry M. M. Franz – Toyota Motor Europe
“Seit 1992 beschäftigt Toyota sich mit elektrischen Antrieben und hat seitdem mehr als 15 Millionen elektrifizierte Hybrid-PKW in den Markt gebracht. Aus diesem Grund ist es für uns eine logische Konsequenz den Weg umweltverträglicher Antriebe weiter auszubauen. In unserer „Challenge 2050“ sehen wir ein Nebeneinander verschiedener Technologien um den differenzierten Kundenbedürfnissen Rechnung zu tragen.
Neben batterieelektrischen Fahrzeugen und unseren etablierten Hybriden, spielt die Wasserstofftechnologie in unserer technologieoffenen Strategie eine bedeutende Rolle. Wasserstoff geht dabei noch einen entscheidenden Schritt weiter. Neben den automobilen Anwendungen kann H2 auch in verschiedenen anderen Anwendungen eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung hin zu einer dekarbonisierten Gesellschaft spielen.“
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Clean Energy Partnership: Mit Team-Power für die Energiewende
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m Kontext der Energiewende steht bis 2050 eine Reduktion der CO2-Emissionen um 80-95% an (im Vergleich zu 1990!). Zur Erreichung dieses Ziels ist auch eine dynamische Umgestaltung des Verkehrssektors notwendig. Die Clean Energy Partnership (CEP) arbeitet als Zusammenschluss von Industrieunternehmen branchenübergreifend an der Marktaktivierung der Mobilität mit Wasserstoff und Brennstoffzelle.
„Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist die Schlüsselkomponente für eine erfolgreiche Energie- und Verkehrswende. Die Technologie ist marktreif, jetzt müssen wir die Rahmenbedingungen für eine flächendeckende Marktaktivierung gestalten. Dafür ist es wichtig, dass Politik und Industrie diesen Weg gemeinsam gehen“,
so Jörg Starr, Vorsitzender der CEP (Audi).
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Im Interview: Heidi Schiller
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“Unternehmen brauchen eine Politik, die langfristig und voraus denkt. Früher oder später führt der Weg da zu den Grünen”
Heidi Schiller, 46, war sechzehn, als die Mauer fiel. Statt Prenzlau, Berlin oder Leipzig stand ihr plötzlich die Welt offen. Studium in Berlin, Toulouse und Paris, dann Einstieg in die Unternehmenswelt über die Konzernstrategie von Daimler, später Telekom.
“Zwölf Jahre Konzern, dann wurde mir das Korsett zu eng”
, meint die verheiratete Mutter zweier Kinder (14 und 16). Gewinn eines Businessplan-Wettbewerbs, Gründung der KAITO Projekt GmbH, Schwerpunkt: Solarstrom für Dörfer in Afrika. Einfach geht anders.
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Heidi, du bist ziemlich umtriebig
Ich war mit 16 bei den Montagsdemos in einer Kleinstadt im heutigen Mecklenburg-Vorpommern, dann fiel die Mauer, alles war neu. Ich war gleichzeitig überfordert und fasziniert. Meine Neugier und der Wunsch, Dinge auf die Beine zu stellen, treiben mich bis heute an. Auch unternehmerisch.
Und was hat dich zu den Grünen getrieben?
Als Solarunternehmerin in Afrika liegen die Grünen schon sehr nahe. Noch dazu als DDR-Kind, sozusagen der „Bündnis 90“ Teil. Ich war bei einer Landtagsveranstaltung zu nachhaltigem Wirtschaften, traf dort Margarete Bause, die damalige Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag. Sie hat mich in die Partei geholt. Von Anfang an und durchgehend waren alle meine Aktivitäten auf das Thema Alternatives Wirtschaften ausgerichtet. Dieses „Höher-schneller-weiter“ Mantra war nie mein Ding, dagegen habe ich schon im ersten Job in der Daimler Konzernzentrale opponiert. Was dort schnell an Grenzen geführt hat, öffnet mir bei den Grünen Türen!
Keine Berührung mit den ganzen entwicklungspolitischen Aktivitäten?
Doch, natürlich. Aber immer mit ausgesprochen kritischer Distanz. Seit Gründung meines Unternehmens war mein Ansatz keine Entwicklungshilfe, sondern Geschäftsbeziehungen auf Augenhöhe. Afrika ist ein Markt wie jeder andere, man muss ihn verstehen, dann kann man auch Geschäfte machen, von denen beide Seiten profitieren, ganz ohne Helfer-Empfänger-Gefälle. Vor zwölf Jahren war diese Position ein Skandal. jetzt hat sich diese Meinung langsam durchgesetzt. Natürlich können die 55 Länder Afrikas nicht über einen Kamm geschoren werden, die Heterogenität des Kontinents wird gern übersehen.
Und, tut sich die Wirtschaft schwer mit den Grünen? Oder umgekehrt?
Wir Grüne waren schon immer sehr wirtschaftsverständig, gerade weil wir die Dinge hinterfragt haben im Sinne von „Wie lange geht das gut?“. Wirtschaft verstehen heißt ja nicht, Gewinnmaximierung zu verstehen. Da geht es nicht um den Moment, die Quartalsbilanz, sondern um langfristige Strategien, die wir brauchen. Leitplanken setzen, Orientierung schaffen, Entwicklungen voraussehen. Da sind wir Grüne einfach besser drauf.
Und wo sind die Grünen dann nicht so gut drauf?
Zum einen müssen wir bestehende Rahmenbedingungen zur Kenntnis nehmen, beispielsweise, dass wir im globalen Wettbewerb stehen. Dann müssen wir Forderungen stärker mit Zahlen hinterlegen und auch klar kommunizieren, sonst verstehen Menschen nur “Wünsch Dir was”. In mehreren Großstädten sind wir derzeit stärkste Kraft, 40 % der Deutschen können sich vorstellen, dass Robert Habeck Kanzler ist. Das ist ein ungeheurer Vertrauensvorschuss, den wir nicht verspielen dürfen. Jetzt müssen wir liefern!
Was können Grüne von der Wirtschaft lernen?
Das Denken in Optionen. Die Ziele stehen fest, aber wie man zum Ziel kommt, hängt ja immer von vielen Glaskugel-Faktoren ab. Die kann man nicht vorhersehen. Wenn sich die Welt verändert, wenn ein Konzept, ein Plan nicht passt, dann muss man einfach einen Plan B in der Tasche haben. Da dürfen wir gern flexibler und pragmatischer werden, weniger akademisch. Gerade weil das große Ganze zählt, ist es doch wichtig, dass man am Ziel ankommt. Und zwar, was Klimafragen betrifft, möglichst schnell.
Und deine Ziele beim Grünen Wirtschaftsdialog?
Nach außen wirken, und zwar in Kreisen, die nicht in unserer Komfortzone liegen. Nachhaltigkeit schreiben sich inzwischen die meisten Unternehmen auf die Fahne. Und entscheiden sich trotzdem für schnelle Plastikverpackungen und gegen echte Kreislaufwirtschaft, weil‘s aktuell billiger ist. Da sind noch dicke Bretter zu bohren, und das geht aus meiner Sicht nur gemeinsam. Dafür ein Netzwerk schaffen, von Brüssel über Berlin bis in die Kommune. Der Business Brunch in München war da ein guter Auftakt, das will ich bis zu den Kommunalwahlen im März 2020 vertiefen und ausbauen, und das na klar zusammen mit aktiven Mitgliedern und unseren OB-Kandidatinnen in den Wirtschaftsmetropolen Bayerns!
Vielen Dank für das Interview, Heidi!
Das Interview führte Nikolaus Huss. Kontaktaufnahme unter:
redaktion@g-wd.de.
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Upcoming:
Fachforum Follow-Up ‚Kohlekommission‘: CO2-Abgabe/Marktdesign:
Donnerstag 11.07.2019, Stuttgart.
Fachforum Gesundheit:
Montag 22.07.2019, Berlin.
Fachforum Follow-Up ‚Kohlekommission‘: Sturkturpolitik & Qualifikationskonzept:
August, Leipzig.
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📢 Wettbewerb „Firmenenergie-Projekte 2019“ ⚡️
UnternehmensGrün sucht nach den besten Energiekonzepten für Unternehmen. Im Wettbewerb „Firmenenergie-Projekte 2019“ sind die ersten Bewerbungen eingegangen. Die besten Leuchtturmprojekte werden mit insgesamt 45.000 Euro unterstützt. Das Online-Bewerbungsportal ist noch bis zum 30. Juni geöffnet. Gerade auch kleine und mittlere Unternehmen werden ermutigt, sich mit ihren Projekten zu bewerben.
Informationen & Bewerbung:
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