Ziel ist es, die Potenziale einer international wettbewerbsfähigen und agilen Wissenschaftslandschaft auch ökonomisch umfassend zu erschließen und für die Menschen nutzbar zu machen.

Bundestagskandidatin Melis Sekmen ist Fraktionsvorsitzende und Wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen Gemeinderatsfraktion Mannheim und Baden-Württembergs Delegierte für die BAG Wirtschaft& Finanzen.

Mannheim als exemplarisches Beispiel dafür, welche Chancen der Klimaschutz und Innovationen Industriestädten und ihren Menschen bieten.

„Sozial ökologische Transformation“ –  was ein sperriger Begriff, nicht wahr? Allerdings wird genau das unsere Zukunft bestimmen, insbesondere in Industriestädten – mit all ihren Chancen und Herausforderungen. Damit dieser Prozess sich positiv auf die Entwicklungen in den Industriestandorten auswirken kann, müssen die dafür notwendigen Konzepte aus den jeweiligen Regionen kommen. Da Akteure vor Ort die Strukturen besser kennen und damit auch kreative und gute Ideen gemeinsam voranbringen können. Damit diese Transformationspläne praxisfähig, nachhaltig und erfolgreich vor Ort umgesetzt werden können, kommt dem Bund eine zentrale Rolle zu, denn für die Umsetzung braucht es ab September die richtigen Weichen in Berlin. Es wird also in den nächsten Jahren eine intensive Zusammenarbeit und ein gutes Zusammenspiel der unterschiedlichen Ebenen notwendig sein, um die vielfältigen Chancen und die Potenziale unseres Landes ausbauen und nutzen zu können.

Hier in Mannheim ist dieser Prozess voll im Gange. Bekannt sind wir als die sogenannte „Arbeiterstadt“ mit vielen und traditionellen Produktionsstätten vom Motoren- bis hin zum Maschinenbau und der Pharmaindustrie, dem viertgrößten Binnenhafen Europas und Menschen aus über 160 Nationen. Doch schon lange sind wir zu einem Gründungshotspot von erfolgreichen Start-ups und damit zu einem Hotspot für Innovationsentwicklung geworden.

Um genau diesen Gründergeist auszubauen, habe ich mich im Mannheimer Gemeinderat 2017 für ein Innovationszentrum für Grüne Technologien eingesetzt. Ziel des Zentrums ist es mit neuen technischen Ansätzen in der Innovationsentwicklung den Wandel der örtlichen Unternehmen zu unterstützen und einen Raum zu schaffen, in dem Wissen übertragen und praxisfähig in den Betriebsstätten umgesetzt werden kann.

Schwerpunkte liegen hier in der Kreislaufwirtschaft, der Wasserwirtschaft, Energiewirtschaft, sowie in den Produktions- und Effizienztechnologien. Im Zentrum werden neben der Gründungsinfrastruktur für junge UnternehmerInnen Werklabore entstehen. Wichtige Akteure aus dem Klima-und Umweltschutz, wie die Klimaschutzagentur, werden dort ihr neues Zuhause finden. 
Mit dem Innovationszentrum Green Tech wollen wir nicht nur Wissen aktiv in die Unternehmen bringen, sondern auch neue Unternehmen aus den Zukunftsbranchen ansiedeln und damit neue Grüne Arbeitsplätze hier und nicht im Ausland schaffen, was unsere Volkswirtschaft dringend benötigt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Wir sind froh darüber, dass das Projekt im Regio Win Wettbewerb prämiert wurde und mit 7,5 Millionen von EU und dem Land Baden-Württemberg gefördert wird. Angesiedelt wird es an das bestehende Technologiezentrum Mafinex Mannheim. Nun braucht es ab September eine Politik, die genau diese innovationsfreudige Entwicklung in den Regionen mit den richtigen Weichen auf stabile Beine stellt.

Ein ebenso zukunftsfähiges und gigantischen Transformationsprojekt ist der Zusammenschluss der beiden Uniklinika Mannheim und Heidelberg.

Die Fusion der universitätsmedizinischen Einrichtungen in Heidelberg und Mannheim kann der Startschuss sein, um zu einer globalen Schlüsselregion in der Gesundheitswirtschaft heranzuwachsen.

Der Gesundheitssektor hat in Baden-Württemberg die besten Voraussetzungen zu einer Leitindustrie des 21. Jahrhunderts aufzusteigen. Wesentliche Voraussetzung dafür ist der Zusammenschluss ausgesuchter Medizin- und Life-Science-Zentren, deren Anziehungskraft und kombinierte Masse einen selbstverstärkenden Prozess anstoßen. Die nötige Dynamik, um die Forschungsleistungen in Medizin- und Gesundheitswissenschaften auf ein globales Spitzenniveau zu heben, könnte durch die Fusion der Universitätsklinika Heidelberg und Mannheim entstehen, zu dem dann größten Universitätsklinikum Deutschlands.

An dieser Stelle folgt fast schon reflexartig der Hinweis: Größe ist kein Qualitätsmerkmal. Das stimmt. Aber in der neuen Medizin sind die Dinge komplexer. Therapieerfolge, insbesondere bei den großen Volkskrankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder Demenz, sowie gelingende Gesundheitsprävention, werden in Zukunft entscheidend von der Datenlage abhängen. Je mehr Patientendaten zur Verfügung stehen und je besser diese Daten kuratiert sind, desto aussichtsreicher die Therapieentwicklung, desto präziser Prävention und Diagnostik, mit dem Idealziel, dass Krankheiten erst gar nicht entstehen. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, und je aussagekräftiger sie im Blick auf das Bevölkerungsbild sind, beispielsweise, in dem sie Gruppen mit unterschiedlichen genetischen Merkmalen umfassen oder eine Vielzahl soziologischer Milieus abbilden, umso größer der Schatz. Größe ist kein Qualitätsmerkmal – aber in der digitalen Medizin ist Größe eine entscheidende Voraussetzung für Qualität.

Das gilt auch in der Patientenversorgung. Vielerorts sind die Patientenzahlen in seltenen Fachgebieten zu klein, um den wirtschaftlichen Betrieb einer Fachklinik sicherzustellen. Kommen aber in einem Haus entsprechend hohe Fallzahlen zusammen, lohnen sich auch die „exotischeren“ Fachgebiete. Dadurch steigt die Behandlungsqualität und die Vielfalt der Gesundheitsversorgung für die Patienten

Das alles ist längst kein Geheimnis mehr. Konzentrationsprozesse in den Gesundheits- und Lebenswissenschaften sind bereits in vollem Gang. Die Spitzenmedizin konzentriert sich international in Großclustern, etwa in der Bay Area um San Francisco, in Boston oder um Toronto in Kanada. Treiber dieser Entwicklung sind fortschreitende Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, die Forschung und Therapieentwicklung mit großer Dynamik erfassen. Insbesondere in der Forschung sind klinische Studien auf enorme Datensätze angewiesen, die sich in den Zentren mit hohen Fallzahlen bei Patientinnen und Patienten mit geringerem Aufwand qualitativ hochwertiger erheben und verarbeiten lassen.

Ein Großklinikum Heidelberg-Mannheim würde an eben dieser Stelle ansetzen. Es wäre nach den gängigen Kennzahlen größer als die Berliner Charité und könnte somit den Gravitationskern einer Idee bilden, die vor allem auch wirtschaftlich einen großen Nutzen für die Menschen in Baden-Württemberg entfaltet. Inmitten einer Region mit 2,5 Millionen Einwohnern, einer in Deutschland einzigartigen Dichte an universitärer und außeruniversitärer Forschungsexzellenz in den Lebenswissenschaften, eingerahmt von einer starken Industrie, die dringend darauf wartet, die Erkenntnisse neuester Forschung in Produktanwendungen zu übersetzen: in der Medikamentenentwicklung, der Medizintechnologie, im Bioengineering.

Mit einem Großklinikum Heidelberg-Mannheim im Zentrum könnte Baden-Württemberg den Anspruch wagen, den Standort Rhein-Neckar innerhalb von zehn Jahren auf Augenhöhe mit den weltweit führenden Regionen in Boston, der Bay Area und in Toronto zu heben. Solch einer Entwicklung, das zeigt der Blick auf die globalen Spitzenstandorte, folgen bei der richtigen Weichenstellung im nächsten Schritt die Techtreiber, GründerInnen und das Venture Capital, um in neue Unternehmungen zu investieren.

Ziel ist es, die Potenziale einer international wettbewerbsfähigen und agilen Wissenschaftslandschaft auch ökonomisch umfassend zu erschließen und für die Menschen nutzbar zu machen. Dazu gehört der Anspruch, dass innovative Unternehmen, die das Potenzial haben, zu Global Playern heranzuwachsen, wieder verstärkt in Baden-Württemberg gegründet werden. Mannheim ist nur eine Stadt von vielen. Wir können allerdings viel von den Entwicklungen in den unterschiedlichen Regionen lernen und viele Synergien erzielen. Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Text exemplarisch zeigen, was machbar ist, wenn man es will.
Denn es geht um viel: Es geht um unser Land, es geht um unsere Zukunft.
Packen wir es gemeinsam an!

Eure
Melis